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② Verfassung
In der Kategorie „Verfassung“ werden der Siedlungstyp, das heutige sowie die älteren Verfassungsverhältnisse, die Angaben zum Ortsadel und den Herrengütern sowie zu Wüstungen und aufgegangenen Siedlungen festgehalten.
- Siedlungstyp
- heutige und ältere Verfassungsverhältnisse
- Ortsadel Herrengüter
- Ortswüstungen
Unter dem ersten Gliederungspunkt finden sich Siedlungstyp (beispielsweise Einzelgut, Häusergruppe, Dorf, Stadt) und seine verfassungsmäßige Stellung als Ortsteil, Land- beziehungsweise Stadtgemeinde sowie die Gemeindezugehörigkeit einschließlich aller seit dem 19. Jahrhundert fassbaren Veränderungen. Um Vergleichbarkeit zu gewährleisten, wurde bei der Bestimmung des Siedlungstyps allgemein von einem Zustand ausgegangen, der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit den ersten Verzeichnissen der amtlichen Statistik erreicht worden ist. In der Mehrzahl der Fälle kennzeichnet dieser Zustand bereits die Entwicklung der Siedlung seit ihrer Entstehung. Trifft dies nicht zu, werden Aussagen zur Siedlungsgenese aufgenommen (Beispiele: Radebeul, Callnberg, Mausitz).
Danach werden ältere Verfassungsverhältnisse mit der in den Schriftquellen überlieferten Bezeichnung vermerkt, wobei der Schwerpunkt auf dem Mittelalter und der Frühen Neuzeit liegt.
Anschließend folgen Angaben zum Ortsadel und den Herrengütern sowie der Verweis auf Ortswüstungen in der Gemarkung beziehungsweise in der Ortslage aufgegangene Siedlungen.
Verwendete Begriffe:
Unterschiedliche Bezeichnungen für ein und dieselbe Siedlung erklären sich daraus, dass der Ort im Laufe seiner Geschichte seine Stellung gewechselt hat. Nicht jedes Dorf ist im 19. Jahrhundert zu einer Landgemeinde geworden. Manches Städtlein hat im 19. Jahrhundert nicht die volle Stadtverfassung erlangt und sich zur Landgemeinde zurückentwickelt.
Das Dorf (villa) ist die in räumlicher und verfassungsmäßiger Hinsicht selbständige ländlich bäuerliche Siedlung.
Aus einem Dorf wurde bei der Einführung der Landgemeindeordnung im Jahre 1838 in der Regel eine Landgemeinde. Dabei wurden kleine Dörfer anderen Landgemeinden als Ortsteile zugeschlagen, in seltenen Fällen große Dörfer in zwei Landgemeinden aufgeteilt. In einem Dorf konnten auch dann mehrere Landgemeinden errichtet werden, wenn besondere Verfassungsverhältnisse gegeben waren: wenn eine Dorfgemeinde von der Rittergutsgemeinde zu unterscheiden oder wenn in einem Dorf mehr als eine Grundherrschaft vorhanden war oder wenn Dorfteile verschiedenen Landesherrschaften angehörten, wie es an der Grenze zwischen den markmeißnischen Erblanden und dem Markgraftum Oberlausitz der Fall war.
Die selbständigen Gutsbezirke, deren verfassungsmäßige Stellung in Sachsen nicht sehr bedeutend war, sind nicht gesondert erwähnt. Ihre Existenz ergibt sich aus der Nennung von Rittergütern oder Vorwerken in der Mitte des 19. Jahrhunderts mit dem Stichjahr 1858, in den preußischen Gebieten aus der Erwähnung von Rittergut oder Vorwerk mit dem Stichjahr 1880 beziehungsweise 1885, wobei auf die gegenüber Sachsen größere Selbständigkeit des preußischen Gutsbezirkes hinzuweisen ist.
Ortsteile von Dörfern und Städten hatten keine verfassungsmäßige Selbständigkeit. Oft lebte in ihnen nur die Erinnerung an Siedlungen weiter, die schon in sehr früher Zeit in anderen aufgegangen sind und ihre Selbständigkeit an diese verloren haben. Durch Eingemeindung bisher selbständiger Landgemeinden in andere Landgemeinden oder Städte entstanden ebenfalls neue Ortsteile. Der im 20. Jahrhundert gebräuchliche Begriff Gemeindeteil wird entsprechend der „Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen“ synonym mit Ortsteil verwendet.
Als Ortswüstungen werden alle aufgelassenen Siedlungen bezeichnet, die sich durch direkte oder indirekte Quellen feststellen lassen. Der für das späte Mittelalter geltende klassische Wüstungsbegriff ist im 20. Jahrhundert durch die im Zuge des Braunkohlentagebaus devastierten Orte erweitert worden. Wenn es sich in beiden Epochen auch um grundverschiedene Ursachen des Wüstungsvorganges handelt, so ist doch unter dem Blick der historischen Landeskunde das Ergebnis zustande gekommen, indem eine Siedlung aus der Kulturlandschaft verschwunden ist.
Die Stadt kennzeichnet gegenüber den anderen Siedlungsformen für die ältere Zeit die besondere Lebens-, Siedlungs- und Verfassungsform, seit 1832 die der Städteordnung unterworfene Siedlung. Nicht alle vor diesem Jahr als Städte bezeichneten Siedlungen haben die Städteordnung angenommen, sodass einige von ihnen seit dem 19. Jahrhundert als Landgemeinden erscheinen.
Die städtischen Siedlungen werden durch wörtliche Übernahme der zeitgenössischen Bezeichnungen in ihrer Entwicklung deutlich gemacht: Stadt, Städtlein, Flecken, Markt geben die unterschiedliche Eigenschaft einer städtischen Siedlung nach ihrer Größe und dem Grad der Selbstverwaltung an.
In der lateinischen Urkundensprache des Mittelalters tritt seit dem 12. Jahrhundert der Begriff civitas für die größere, oppidum für die kleinere Stadt auf urbs steht in diesem Kontext nicht für die Stadt, sondern vom 10. bis 12. Jahrhundert für die große Burganlage.
Die Nennung der accisbaren Städte lehnt sich an die amtliche Klassifikation des ausgehenden 18. Jahrhunderts an. Sie betrifft alle der Akzise unterworfenen städtischen Gemeinwesen mit Ausnahme derjenigen in den Schönburgischen Herrschaften und ermöglicht eine klare Trennung zwischen städtischer und dörflicher Siedlung, wie sie sich im praktischen Leben noch nicht durchgesetzt hatte.
Eine Vorstadt (vicus, suburbium) kann vor und nach den Reformen des 19. Jahrhunderts eine eigene Gemeinde dargestellt oder der Stadtgemeinde angehört haben. Echte Vorstädte sind solche, die sich erst nach der Entstehung der Stadt zu deren Ergänzung an ihrem Rande angesiedelt und keine selbständige Gemeinde gebildet haben. Unechte Vorstädte sind älter als die Stadt, haben bereits vor ihr als Dörfer oder Kaufmannssiedlungen bestanden und sind erst nach der Entstehung der Stadt in deren Wirtschafts- und Funktionsbereich einbezogen worden. Sie unterstanden in der Regel nicht der Botmäßigkeit des städtischen Rates, sondern dem landesherrlichen Amt oder einer adligen oder kirchlichen Grundherrschaft.
Eine spätmittelalterliche Judengemeinde ist ein Zeichen für eine besonders starke wirtschaftliche Entwicklung im Rahmen der Geldwirtschaft in der betreffenden Stadt.
Die Einstufung als Bergstadt oder Bergflecken geht auf die Bedeutung des Bergbaus zurück, sie brachte für den betreffenden Ort eine privilegierte Stellung.
Urbs, castellum und castrum sind im Mittelalter die Bezeichnungen für Burgen, in selteneren Fällen ist hierfür der im 10. und frühen 11. Jahrhundert noch gebräuchliche Terminus einer civitas überliefert. Die seit dem 14. Jahrhundert auftretenden deutschen Begriffe sind Sloss und Feste (vestes hus). In der Neuzeit bezeichnete man als Schloss das durch besondere Größe auffallende Herrenhaus einer Grundherrschaft oder ein umfängliches, repräsentatives Wohngebäude der Landesherrschaft, wobei die Verbindung zu einem Wirtschaftsbetrieb oft nicht mehr gegeben ist.
Munitio bezeichnete im hohen Mittelalter eine in gewisser Hinsicht befestigte, villa forensis oder forum eine offene stadtähnliche Siedlung wohl durchweg mit Marktbetrieb.
Das Rittergut ist die Einheit von Wohnsitz eines Grund- und Gerichtsherrn und Wirtschaftshof für einen landwirtschaftlichen Großbetrieb mit grundherrlichen Befugnissen. Die Bezeichnung ist erst seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts an die Stelle älterer Ausdrücke getreten. Ein trockenes Rittergut nannte man die Summe von grund- und gerichtsherrlichen Befugnissen ohne herrschaftliche Wohn- und Wirtschaftsgebäude.
Ein Kammergut ist ein im Besitz der landesherrlichen Kammer befindliches Rittergut, wofür in anderen deutschen Landschaften das Wort Domäne üblich war. Ein Kammergut konnte durch Ankauf eines Ritterguts an die landesherrliche Kammer zustande kommen, umgekehrt konnte ein Kammergut durch Verleihung an einen adligen Grundherrn zum Rittergut werden.
Das Vorwerk bezeichnete im späten Mittelalter ein verfassungsmäßig und wirtschaftlich hervorgehobenes Herrengut, das oft in der sprachlichen Verbindung von „Sitz und Vorwerk“ erscheint. Die lateinische Übersetzung heißt allodium, selten auch praedium. In der Neuzeit war das Vorwerk der landwirtschaftliche Zweigbetrieb eines Rittergutes, der nicht von der Grundherrschaft bewohnt wurde.
Als Rittersitz, lateinisch curia (curia sessionis), wird in Anlehnung an die in den Quellen des 15. und 16. Jahrhunderts auftretende Bezeichnung „Sitz“ der Wohnsitz eines dem grundherrlichen Adel, in Ausnahmefällen dem Bürgerstande angehörenden Grundherrn bezeichnet, der durchaus nicht mit einem Wirtschaftshof verbunden gewesen sein muss. Alle im Historischen Ortsverzeichnis aufgeführten Rittersitze sind in der schriftlichen Überlieferung ausdrücklich bezeugt.
Dagegen ist der Herrensitz primär aus den Beinamen adliger Personen nach Herkunftsorten erschlossen. Er bezeichnet alle diejenigen Orte, nach denen sich Angehörige von Herrengeschlechtern ohne Rücksicht auf ihre ständische Stellung vom Edelfreien bis zum Ministerialen nannten und in denen sie aller Wahrscheinlichkeit nach einmal einen Wohnsitz hatten; dieser repräsentierte sich sowohl in Gestalt von (meist kleineren) Burgen als auch befestigten oder unbefestigten Höfen. Dabei ist es möglich, dass die adligen Namensträger im Jahr der überlieferten Nennung schon nicht mehr am namengebenden Stammsitz ansässig waren. Der nur an der Wende vom Mittelalter zur frühen Neuzeit bezeugte Sattelhof kommt in seiner Stellung dem Rittersitz nahe, ist aber in stärkerem Maße einer gehobenen bäuerlichen Schicht zuzuordnen.
Die flächenhafte Überlieferung der Rittergüter und Vorwerke setzt mit den seriellen Quellen des 16. Jahrhunderts ein, als zeitlich abschließende Stichjahre wurden 1875 beziehungsweise 1880 angesetzt. Besonderes Gewicht besitzen die Angaben aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, weil seitdem die verfassungsmäßige Vorrangstellung infolge der Abschaffung der Patrimonialgerichtsbarkeit im Jahre 1856 nicht mehr bestand und ein Rittergut lediglich noch einen landwirtschaftlichen Großbetrieb unter den gleichen rechtlichen und politischen Bedingungen wie jeder andere Grundbesitz darstellte.